REDAKTEURIN UND BUSINESS-TRAINERIN INSA KÜNKEL BEI UNS IM INTERVIEW. SIE SAGT: „PERFEKT GIBT ES NICHT“
Insa kenne ich schon seit vielen Jahren. Sie ist Mutter von David (3 Jahre) und Johanna* und wohnt mit ihrem Mann Thomas in Berlin. Dort arbeitet sie als freie Redakteurin und Business-Trainerin. Sie schreibt für Agenturen, Verbände und Unternehmen und gibt ganz großartige Text-Workshops. By the Way: So einen Workshop könnte ich mir vielleicht auch mal wieder gönnen…
INSA, MUTTER SEIN UND ARBEITEN – WAS IST DAS TOLLE DARAN?
Viele meiner Auftraggeber haben Kinder. Warum das gut ist? Plötzlich stehen dir zig Themen für einen entspannten Small Talk zur Verfügung. Schluss mit langweiligen Gesprächseröffnungen wie „Das Wetter ist aber heute nicht so schön…“ Ob Meetings mit Geschäftsführern, Inhabern von Agenturen oder HR-Verantwortlichen – wenn ich weiß, dass mein Gegenüber Familie hat, beginne ich die Gespräche gerne mit Sätzen wie „Mit Kindern im ICE nach Hamburg zu fahren, ist immer ein kleines Abendteuer…“ Nach einem Schmunzeln tauscht man kurz die skurrilsten Reisegeschichten aus und dann wird über neue Projekte gesprochen.
Natürlich sind Kinder mehr als sympathische Icebreaker beim Small Talk. Wenn ich unseren Kleinen am Nachmittag aus der Kita hole, dann schalte ich sprichwörtlich ab. Das heißt: Ich lese und beantworte keine E-Mails mehr, Anrufe leite ich auf meine Mailbox um, ich poste keine News bei Facebook, Xing oder Twitter und schaue mir auch keine Storys bei Snapchat an. Ich bin jetzt ganz für unseren Lütten da und tobe mit ihm durch den Park, gehe mit ihm zum Sport oder lese ihm Bücher vor.
Am nächsten Morgen bin ich ab 9:00 Uhr wieder voll für meine Kunden da und kümmere mich um ihre Projekte. Wenn ich Workshops gebe, dann trainiere ich die Teilnehmer auch an mehreren Tagen am Stück.
Danach freue ich mich umso mehr, wieder etwas mit unserem Sohn zu unternehmen. Es ist unglaublich, welchen kreativen Schub man beim Auf-Bäume-Klettern bekommt. Das hilft zum Beispiel bei Textblockaden im Kopf. Ideen für Artikel oder Blogposts erklettert man sich quasi von alleine.
MUTTER SEIN UND ARBEITEN – WAS IST MANCHMAL HART DARAN?
Mein Tag war noch nie so durchgetaktet, wie jetzt: Gegen 6 Uhr weckt mich unser Kleiner mit einem „Mama, Augen auf!“. Dann musst du sofort funktionieren. Sprich: Aufstehen, Frühstück vorbereiten, daneben Kind anziehen, dich selbst zurecht machen, parallel drei Trotzanfälle managen und ab zur Kita.
Danach geht’s ins Büro oder direkt zum Kunden ins Unternehmen. Gegen 15:30 Uhr wieder zur Kita, danach: Spielplatz, einkaufen, Abendessen, drei bis vier Bücher vorlesen, Kind ins Bett bringen. Wenn der Kleine schläft, bin ich meist so müde, dass ich nur noch aufs Sofa plumpse.
Und: Ich muss immer zwei bis drei Tage – oder auch mal Wochen – im Voraus planen: Ich möchte auf eine Veranstaltung? Geht, wenn ich einen Babysitter organisiere. Ich gebe zwei- bis dreitägige Workshops in München? Geht, wenn ich das mit meinem Partner und unserem Babysitter bespreche.
Und klar: Bin ich beruflich länger von zu Hause weg, plagt mich schnell das schlechte Gewissen. Aber zu meinem Job gehört es dazu, auch außerhalb von Berlin Trainings zu geben und das mag ich auch richtig gern.
Für meinen Sohn da zu sein und zu arbeiten, ist ein täglicher Eiertanz. Das Leben ändert sich mit Kindern komplett. Aber unterm Strich kommt so viel Positives dabei raus. Kinder zu haben, ist für mich die schönste Sache auf der Welt.
WAS MÜSSTE VERÄNDERT WERDEN, UM EINE PERFEKTE ARBEITSWELT FÜR MÜTTER ZU SCHAFFEN?
Perfekt gibt es nicht. Daran glaube ich schon lange nicht mehr. Gut wäre es, wenn jeder für den anderen mehr Verständnis aufbrächte. Ein Beispiel: Ich arbeite als Freelancerin oft in meinem Home-Office. Leider gibt es einige, die denken, ich hätte deswegen sehr viel Zeit. Denn: Ich bin ja zu Hause und unser Sohn ist in der Kita.
Was sie nicht sehen: Wenn ich gegen 9 Uhr am Schreibtisch sitze, dann bin ich seit drei Stunden wach und habe bereits ein straffes Kinder-Kita-Programm absolviert. Um 15 Uhr muss ich meinen Laptop zuklappen und den Kleinen abholen. Wenn ich mich zum Lunch treffe oder eine längere Kaffeepause mache, geht das alles von meiner Arbeitszeit ab. Das kennen bestimmt auch viele Mütter und Väter, die fest angestellt arbeiten. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass sie von Kollegen schräg angeschaut werden, wenn sie gegen 15 Uhr das Büro verlassen.
Was könnte helfen? Mehr Austausch zwischen Menschen mit und ohne Kindern. Ich kenne Unternehmen, die organisieren zum Beispiel regelmäßig kleine Barcamps für ihre Mitarbeiter. Wer seinen Kollegen etwas sagen möchte, schnappt sich das Mikro und stellt eine Session vor. In dieser ist dann 45 Minuten Zeit, um über die Themen in der Gruppe zu sprechen.
Eine andere Idee: Wie wäre es, wenn größere Unternehmen eine Nanny einstellen, die Kinder der Mitarbeiter von der Kita abholt oder einspringt, wenn die Kleinen krank sind und die Eltern auf eine Konferenz müssen?
*Insas Tochter Johanna ist bei der Geburt verstorben.