Coaching: Nein sagen kann man lernen.
Business- und Lifecoach Frank Fäßler stößt Prozesse bei Menschen an. Dabei versucht er, den blinden Fleck in der eigenen Wahrnehmung sichtbar zu machen und Menschen dazu zu ermutigen, neue Wege zu gehen.
Frank arbeitet seit mehr als zehn Jahren als Coach. Auf FAMILICIOUS.de zeigt er anhand unterschiedlichster Fallbeispiele und Themen, dass es immer einen Weg gibt, Dinge zu ändern. Bei dieser Entwicklung möchte er Menschen begleiten. Frank ist 50 Jahre alt und lebt zusammen mit seiner Lebensgefährtin in Starnberg bei München.
Den Start dieser Serie macht das Coaching zum Thema NEIN sagen.
Frank: „Das NEIN sagen fällt vielen schwer – besonders Frauen. Die haben oft ein größeres Harmonie-Bedürfnis als Männer. Zudem ist diese Zurückhaltung eine der Auswirkungen weiblicher Sozialisation. Egal ob im Job oder im Privatleben – wer sich nicht abgrenzt und auch mal nein sagt, kommt schnell an seine Kraftreserven.“
Das Problem kennt auch Sonja. Sonja (36 Jahre) ist verheiratet und Mutter einer Tochter (7 Jahre). Sie arbeitet in Teilzeit als Kundenberaterin in einer Bank.
HIER AUSZÜGE AUS SONJAS COACHING ZUM NEIN SAGEN MIT FRANK
FRANK: Hallo Sonja, schön, dass wir heute sprechen. Vielleicht kannst du dein Thema mit einem Beispiel kurz skizzieren. Dann weiß ich, worum es geht.
SONJA: Ja klar, das kann ich gerne machen. Dass ich ein Problem mit dem NEIN sagen habe, ist mir gerade neulich wieder aufgefallen.
Ich bin in der Schule meiner Tochter Elternvertreterin. Das lief auch lange gut und stressfrei – bis eine Schulverschönerung und damit das Thema „Wandfarbe“ aufkam. Hier hatte ich mit einer Mutter zu tun, deren Tochter unter diversen Allergien leidet. Diese Mutter hatte ein Problem mit der Farbe, die von der Schule für das Streichen der Innenräume vorgesehen war. Ihrer Meinung nach, war diese nicht reizarm genug. So gingen lange Diskussionen zwischen der Schule auf der einen Seite und der betreffenden Mutter und mir als Elternvertreterin auf der anderen Seite los. Am Anfang noch in einem für mich vertretbaren Rahmen – schließlich konnte ich ihr Dilemma gut nachvollziehen – irgendwann aber so heftig, dass die Diskussion komplett aus dem Ruder geriet. Die Mutter sprach von einer vorsätzlichen Vergiftung unserer Kinder und das in einem sehr vehementen Ton. Das ging mir dann doch zu weit. Das Ausmaß der Diskussionen entsprach weder meiner persönlichen Überzeugung, noch meiner Aufgabe als Elternvertreterin – das war mir irgendwann klar.
Trotzdem hat es Wochen gedauert und unendlich viele E-Mails, in denen ich auf die eine oder andere Weise am Geschehen beteiligt war, bis ich den Mut gefasst habe, aus der Diskussion auszusteigen. Ich habe dann eine E-Mail an die betreffende Mutter geschrieben und ihr gesagt, dass die Diskussionen meine Kapazitäten als Elternvertreterin übersteigen und sie das Thema bitte ab sofort ohne mich mit der Schule diskutieren soll.
FRANK: Damit hast du dich ganz klar abgegrenzt. Das ist doch super.
SONJA: Ja, das zu tun hat mich aber unendlich viel Energie gekostet. Dazu habe ich mich nach der E-Mail nur teilweise besser gefühlt. Ich hatte tagelang Angst, die Mutter könnte mich ebenso heftig wie die Schulleitung angehen, eine E-Mail schreiben oder mich vor den Kindern auf die Sache ansprechen.
FRANK: Da kann ich dich gut verstehen. Trotzdem finde ich, dass du dich abgegrenzt hast. Auch wenn es vielleicht länger gedauert hat, als du dir das gewünscht hättest. Kannst du das für dich anerkennen?
SONJA DENKT NACH, SAGT ABER NICHTS.
FRANK: Könntest du dir vorstellen, der Mutter – jetzt im Nachhinein – noch einmal zu sagen, dass es dich geärgert hat, wie die Situation abgelaufen ist? So etwas wie „Ich habe mich sehr für deine Belange engagiert. Das hat meine Aufgabe als Elternvertreterin deutlich überschritten und mich viel Kraft gekostet. Das wollte ich dich noch einmal wissen lassen.“
Ihre Redaktion ist dabei weniger bedeutsam. Wichtig ist, dass du den Mut findest, aus deiner Komfort-Zone raus zu gehen und auszuprobieren, wie es sich anfühlt, Position zu beziehen. Könntest Du dir vorstellen, das zu machen? Dann wärest du nicht mehr in deiner klassischen, konformen Haltung.
SONJA: Jaaaaaaa, das klingt schwer. Sagen was ich will, ist immer schwer für mich.
FRANK: Wenn du wirklich etwas verändern willst, kannst du die Dinge angehen und anders machen. Das erfordert natürlich Mut. Ich würde dir deshalb vorschlagen, dass du in den nächsten vierzehn Tagen eine Situation findest, in der du dich positionierst. Das muss nicht unbedingt im Kontakt mit dieser Mutter sein. Vorstellbar ist jede Situation, in der du dich klassischer Weise in deinem Muster eher zurückhaltend verhalten würdest. Jetzt verhältst du dich bewusst einmal anders. Du sagst zum Beispiel dem Kellner im Restaurant, dass das Essen nicht gut schmeckt oder einem Kollegen, dass seine Unpünktlichkeit nervt.
SONJA: Ja, das kann ich versuchen. Die Vorstellung, wie der Andere reagieren könnte, macht mir aber schon jetzt schwitzige Hände. Ich wünsche mir, dass mein Leben konfliktfrei verläuft – egal um wen und worum es geht. Natürlich ist mir bewusst, dass das nicht immer möglich ist.
FRANK: Macht es für dich einen Unterschied, ob es sich um Konflikte in deinem engen oder weiteren Umfeld handelt? Sprich, um einen Menschen, der wichtig ist oder um jemanden, der dir nichts bedeutet? Vielleicht wäre es mal interessant, da genauer hinzuschauen – zu definieren, wer dir nah ist und wer weiter weg.
Kannst du mal Figuren aufstellen, die die Personen in deinem Umfeld symbolisieren? Das können z.B. Legosteine deiner Tochter sein.
SONJA STELLT MIT LEGOSTEINEN AUF: MANN UND KIND, FREUNDINNEN, ELTERN, SCHWIEGERELTERN UND NÄHERE BEKANNTE.
FRANK: Bitte stell jetzt noch einen Legostein für die Mutter aus der Schule dazu.
SONJA ÜBERLEGT MIT DEM STEIN IN DER HAND UND STELLT DIE FRAU GANZ DICHT AN SICH HERAN.
FRANK: Du hast die Frau direkt neben deinen engsten Freundinnen platziert. Ist sie dir genauso wichtig wie deine Freundinnen?
SONJA: Nee, Die Mutter ist mir eigentlich egal. Da sie meine Gedanken aber aktuell stark beeinflusst, stelle ich sie nah an mich ran.
FRANK: Da vermischst du etwas. Das ist eine wichtige Erkenntnis. Weil die Mutter dir Unbehagen verursacht, rückt sie nicht automatisch nah an dich ran. Im Gegenteil, sie sollte weit weg stehen bleiben. Lass sie aus deinem engsten Kreis raus. Die rückt dir im wahrsten Sinne des Wortes auf die Pelle. Lass das nicht zu. Das ist eine wichtige Erkenntnis.
Versuch mal, die Frau innerlich ein Stück weit von dir wegzuschieben. Am besten geht das mit einer Handbewegung.
SONJA: Ja, das klappt gut.
FRANK: Dann verschieb jetzt auch ihren Legostein so, dass die Frau weiter von dir entfernt steht. Gehört sie da hin?
SONJA: Ja, das passt mehr.
Wichtige Erkenntnis daraus ist: Mach dir bewusst, wer zu deinem inneren Zirkel gehört. Hier solltest du ein Augenmerk auf enge und stabile Beziehungen haben. Die Mutter aus der Schule gehört da nicht rein. Ihre Meinung sollte deswegen auch weniger wiegen, als die der Menschen, die dir nah sind.
SONJA: Das habe ich so noch nie betrachtet. Ich habe nur immer wieder gemerkt, dass andere Menschen sich besser abgrenzen können, als ich das kann. Und dass es mir schwerfällt, andern – auch engsten Vertrauten – verständlich zu machen, warum ich mich oft so angreifbar fühle. Das wird mir jetzt klarer. Wenn die Frau so nah bei mir steht, bin ich verletzlicher.
FRANK: Überleg mal generell „Nicht NEIN sagen können, sich nicht abgrenzen“ – welchen Vorteil hat diese „angepasste“ Lebensform für dich? Wenn du sagst, so bist du, so ist deine Identität, dann ist es stimmig, sich „angepasst“ zu verhalten. Oft ist das aber ein adaptierter, unbewusster Automatismus, der einem unter Umständen gar nicht gut tut. Es ist deshalb hilfreich, sich bewusst zu machen, warum man sich so verhält.
Der Antrieb, etwas in deinem Leben verändern zu wollen, kommt der von dir oder kam der von außen?
SONJA: Der Antrieb kam von mir. Ich mag es gerne harmonisch. Aber es gibt immer mal wieder Situationen, da merke ich, dass der Preis, den ich für diese Harmonie zahle, zu hoch ist. Zum Beispiel bei der Situation in der Schule.
FRANK: Also ist dir Harmonie grundsätzlich wichtig. Die kannst du auch weiter so leben. Und wenn dann eine Situation kommt, die sich nicht in Harmonie lösen lässt, dann entscheidest du, dich in der konkreten Situation anders zu verhalten. Du musst das nicht schwarz-weiß leben. In jeder neuen Situation kannst du entscheiden: möchte ich das oder möchte ich das nicht. Und du weißt jetzt, wenn jemand dir Stress bereitet, dann bist du vom Muster her dazu geneigt, ihn in deinen inneren Zirkel reinzulassen. Aber das musst du nicht zulassen. Du kannst denjenigen ganz bewusst symbolisiert mit deiner Hand wegschieben. So wie du das eben gemacht hast. Dann rücken dir die Leute nicht mehr so auf die Pelle.
FRANK: Ich würde dir gerne noch eine Hausaufgabe mitgeben. Finde in den nächsten zwei Wochen drei Situationen, in denen du versuchst, dich stärker als bisher zu positionieren. Und dann beobachte bitte, was in deinem Umfeld passiert und was du denkst und empfindest. Mach dir bitte ein paar Notizen dazu. Dann schauen wir bei einem zweiten Termin noch einmal, wie das für dich gelaufen ist. Wichtig: Probiere das möglichst mit einer inneren Haltung einer heiteren Gelassenheit aus. Denkst du, das klappt?
SONJA: Das werde ich versuchen. Ich freue mich schon auf unser nächstes Gespräch.
SONJA, LIEBEN DANK, DASS WIR DEIN GESPRÄCH MIT FRANK VERÖFFENTLICHEN DÜRFEN.
SONJAS FAZIT
Das Coaching zum Nein sagen mit Frank wirkt ordentlich bei mir nach. Mir war nicht klar, dass ich Menschen, zu denen ich mir eigentlich Abstand wünsche, so nah an mich ranlasse. Die Aufstellung hat mir gezeigt, dass es nicht nötig ist, es allen recht zu machen. Ich werde in Zukunft versuchen, mich mehr zu fokussieren – mir bei Menschen bewusst zu machen, wo sie in der Wichtigkeit für mich stehen. Und ich werde probieren, häufiger zu sagen, was mich stört. Denn vermutlich wird die Welt als Reaktion darauf nicht untergehen.TIPP ZUM NEIN SAGEN
NEIN sagen kann man lernen. Dabei ist es wichtig, immer wieder zu üben, denn es wird leichter, je öfter man es tut. Das Üben kostet Zeit und Energie. Das ist leider so. Die Zeit sollte man sich aber unbedingt nehmen. Dann wenn man am Ball bleibt, verschwindet irgendwann auch das unwohle Gefühl und das NEIN sagen fällt gar nicht mehr so schwer. Versprochen!
Frank Fäßler
TELEFON + 49 160 865 46 53 // MAIL ffaessler@web.de
WEITERE INFORMATIONEN // INFOFLYER-FRANK-FAESSLER-COACHING
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