Nina fühlt sich als Mutter im Job nicht mehr ernst genommen. Das belastet sie sehr, denn ihr Beruf ist ihr wichtig. Sie wollte nie die „Teilzeitmutti“ im Team sein.
HIER AUSZÜGE AUS NINAS COACHING MIT FRANK.
Frank Fäßler: „Frauen stehen heute unter einem hohen Druck, vielem und gefühlt allen gerecht zu werden. Hinzu kommen die Erwartungen an sich selbst. Besonders Mütter sehen sich mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, in allen Lebensbereichen perfekt sein zu wollen: als Mutter, Partnerin und in ihrer Aufgabe im Job. Viele fühlen sich überlastet. In dieser Situation den eigenen Weg zu finden und diesen dann auch selbstbewusst zu gehen, dazu kann ich als Coach einen Beitrag leisten.“
Nina (40 Jahre) ist verheiratet und Mutter von zwei Töchtern (2 und 4 Jahre). Sie arbeitet 30-Stunden pro Woche als Projektleiterin.
Business- und Lifecoach Frank Fäßler stößt Prozesse bei Menschen an. Dabei versucht er, den blinden Fleck in der eigenen Wahrnehmung sichtbar zu machen und Menschen dazu zu ermutigen, neue Wege zu gehen.
Frank arbeitet seit mehr als zehn Jahren als Coach. Auf FAMILICIOUS.de zeigt er anhand unterschiedlichster Fallbeispiele und Themen, dass es immer einen Weg gibt, Dinge zu ändern. Bei dieser Entwicklung möchte er Menschen begleiten. Frank ist 50 Jahre alt und lebt zusammen mit seiner Lebensgefährtin in Starnberg bei München.
FRANK: Hallo Nina, schön, dass wir heute sprechen. Vielleicht kannst du dein Thema kurz skizzieren. Dann weiß ich, worum es geht.
NINA: Ja, gerne. Seitdem ich Kinder habe, fühle ich mich als arbeitende Frau nicht mehr ernst genommen. Mein Job ist mir sehr wichtig. Ich arbeite gerne und habe mich schon immer stark mit meinem Beruf identifiziert. Als ich Kinder bekommen habe, war deshalb klar: Ich möchte nach einem Jahr Elternzeit zurück in den Job. Und das mit 30 Stunden pro Woche. So habe ich die Möglichkeit, meine Kinder am Nachmittag zu sehen und als Projektleiterin weiter interessante Projekte zu betreuen. Das Leben als „Halbtagsmutti“ mit weniger als 20 Stunden in der Woche kam für mich nie in Frage.
Der Alltag mit Familie und Job ist aber oft hart. Mit der einen oder anderen Überstunde – besonders am Ende eines Projektes – stoße ich immer wieder an meine Grenzen. Was für mich aber schlimmer als die tägliche Belastung ist: Egal, wie ich mich abstrampele, in der Wahrnehmung der Kollegen bin ich die „Halbtagsmutti“ im Team. Das merke ich immer wieder. Und das, obwohl ich mit Überstunden bis zu 40 Stunden pro Woche arbeite. Es wird nicht gesehen, dass ich morgens oft schon um 7:30 Uhr im Büro bin, meist keine Mittagspause mache und auch am Abend noch E-Mails von zuhause aus beantworte. Lediglich die Tatsache, dass ich um 15:00 Uhr das Büro verlasse, ist relevant für die Wahrnehmung der Anderen. Das frustriert mich sehr.
FRANK: Das ist ja ein ganzes Bündel, was du da mitbringst. Eine Frage zuerst: Du hast dein Bild der Halbtagsmutter skizziert. Wie ist das Bild entstanden?
NINA: In meinem ersten Job in einer Agentur. Da haben alle sehr viel – also eher 50 bis 60 als 40 Stunden – gearbeitet. Bis auf eine in Teilzeit arbeitende Mutter. Die hat schon morgens bei der Aufgabenverteilung angekündigt, dass sie heute früh weg muss und ihre Aufgaben deshalb nicht nicht erledigen kann. Das fand ich schlimm.
FRANK: Was hat dein heutiges Auftreten als berufstätige Frau mit diesem Bild zu tun?
NINA: Nichts. Ich fühle mich aber oft genauso gesehen, wie ich diese Frau damals betrachtet habe.
FRANK: Vorsicht. Ich deiner Selbstwahrnehmung gibt es keine Differenzierung zwischen dieser Frau und deiner Wahrnehmung davon, wie die anderen dich sehen – vielleicht sogar wie du dich selbst siehst. Kann das sein?
NINA: Ich sehe eigentlich schon, dass ich einen guten Job mache. Das wird mir von meinen Vorgesetzten auch so bestätigt. Ich habe aber – im Gegensatz zu den anderen Teammitgliedern – keine 150 Prozent Energie für den Job. Schließlich möchte ich auch Zeit mit meinen Kindern verbringen. Das führt dazu, dass ich meinen Job oft nicht in dem Maße ausführen kann, wie ich mir das vorstelle: Die Kinder werden krank. Mittags-Verabredungen kann ich nicht wahrnehmen, weil ich keine Pause mache. Termine an den Nachmittagen klappen nicht, da ich um 15 Uhr das Büro verlasse. Ich muss mich ständig zerreißen.
FRANK: Der Tag hat 24-Stunden, wenn man die Nacht dazu zählt. Das ist die Zeit, die dir zur Verfügung steht. Und du kannst noch immer selbst entscheiden, was du mit deiner Zeit anfängst. Auch als Mutter kannst du „gefühlte 150 Prozent“ in den Job stecken. Das kann bedeuten, dass du 16 Stunden am Tag mit deiner Arbeit beschäftigt bist. Dafür zahlst du nur eben einen Preis.
Auf einer Skala von eins bis zehn: eins ist „Ich habe keine Ansprüche an die Qualität und Güte meiner Arbeit“ und zehn ist, „Ich erfülle die Ansprüche über“. Wie hoch ist dein Anspruch an deine Arbeit?
NINA: Auf jeden Fall 10. Der Job und gute Arbeitsergebnisse sind mir sehr wichtig.
FRANK: Im Moment bist du in einer Situation, in der du extrem viele Anforderungen zu bewerkstelligen hast: Familie, Partnerschaft, Erziehung, deinen Job. Und vielleicht möchtest du ja auch noch ein bisschen was für dich selber machen – ein Buch lesen, Musik hören, ein Instrument spielen, spazieren gehen?
NINA: Zeit, etwas für mich zu tun, habe ich aktuell nicht. Auch das fehlt mir.
FRANK: Also das sind Rahmenbedingungen, bei denen manch einer gefährdet wäre, einen Burnout zu erleiden. Mit extrem hohen Ansprüchen, an sich selbst und an das, was man tut. Das muss aber nicht so kommen. Du kannst dir auch sagen: Das Leben hat mich in eine Situation gespült, in der ich lernen kann, mit meinen Ansprüchen umzugehen und die mal zu hinterfragen.
Daran würde ich gerne mit dir arbeiten. Zähl bitte mal alle Aufgaben auf, die dir bedeutsam sind. Also alle Dinge, mit denen du deine Zeit verbringst oder die dir wichtig sind, du aber nicht dazu kommst.
NINA: (Nina denkt nach und beginnt aufzuzählen) Da sind meine Kinder, mein Mann, mein Job, meine Freunde, meine Eltern. Dazu kommen die Themen „Hausarbeit“, „gute Ernährung für die Kinder“, „Sport und eine gesunde Ernährung für mich“ und das Stiefkind-Thema „Zeit für mich“.
FRANK: Wenn ich richtig gezählt habe, sind das neun Themen. Jetzt brauchen wir neun Gläser und eine Karaffe mit Wasser. Jedes Glas symbolisiert dabei eine der von dir genannten Aufgaben. Das Wasser steht symbolisch für deine Aufmerksamkeit.
Ich stelle mal eine Hypothese auf: Kann es sein, dass du in einem Elternhaus aufgewachsen bist, in dem Leistung und Erfolg einen hohen Stellenwert hatten? Und man dafür auch einiges tun musste?
NINA: Ja, das würde ich schon so sagen. Wobei das eher auf meinen Vater zutrifft. Für meine Mutter würde ich das so nicht sagen.
FRANK: Ich stelle eine zweite Hypothese auf: Für dein Verhalten im Job war eher dein Vater prägend.
NINA: Ja, das stimmt.
FRANK: Sei doch so gut, nimm die Karaffe und verteile das Wasser so auf die Gläser, wie du denkst, dass du funktionieren solltest. Was wird von dir erwartet? Im Zuge unserer Sozialisierung bekommen wir ja alle Normen vermittelt: Erfolg im Beruf, ein hohes Einkommen, viel Zeit für Arbeit, eine schöne Wohnung, ein tolles Auto, eine Familie mit zwei Kindern. Das hab dabei im Kopf.
NINA: (verteilt das Wasser) Kinder, Mann, Job – das ist alles sehr wichtig. In diese Gläser würde ich deshalb am meisten Wasser füllen. Freunde und Eltern sind auch wichtig, allerdings etwas weniger als die ersten drei Bereiche. Ordnung bzw. ein schönes Umfeld sind weniger wichtig als Eltern und Freunde. Gutes Essen für die Kinder wieder etwas mehr. So nach dem Motto: „Was? Deine Kinder kriegen Zucker?“. Zeit für mich – also Muße – das ist nicht wichtig. Zeit für Sport ist wichtiger. Da geht es ja schließlich um Attraktivität, was gesellschaftlich wieder von Bedeutung ist.
FRANK: Okay. Also das ist das, was deiner Meinung nach von der Gesellschaft von dir erwartet wird. Entsprichst du dem?
NINA: Ja. Wobei ich mehr Energie, als von mir erwartet, in meine Freunde investiere. In die Bereiche Sport und gesunde Ernährung – also die Bereiche für mich – dafür weniger.
FRANK: Dann kippe doch noch mal etwas Wasser aus dem Sport-Glas in das für die Freunde. Ist es so richtig?
NINA: Dann würde ich von meinem Mann noch etwas abschöpfen und in das Glas der Kinder und des Jobs gießen. So würde ich es dann lassen.
FRANK: Vorhin hast du davon gesprochen, dass dein Anspruch ist, im Job 150 Prozent zu geben. Wie würde das dann aussehen?
NINA: Das könnte ich nur realisieren, indem ich Wasser von meinen Kindern und von meinem Mann auf den Job umverteile. In den anderen Gläsern ist nicht genug Wasser, um das hinzubekommen.
FRANK: Mach das mal.
Nina kippt Wasser von dem Glas der Kinder und des Ehemanns in das Job-Glas, bis es voll ist.
FRANK: Das sind noch immer nur 100 Prozent. Wenn du 150 Prozent erreichen willst, musst du – wo auch immer her – das Wasser im Job-Glas so vollmachen, dass es überläuft. Das kannst du ja mal gedanklich durchspielen: Wenn du jetzt noch mehr Wasser aus den anderen Gläsern in das Job-Glas füllst, wie fühlt sich das an?
NINA: Nicht gut. Es fühlt sich auch so schon nicht gut an. Das Wasser, das ich eben von meiner Familie auf den Job umverteilt habe, fehlt jetzt bei den Kindern und meinem Mann.
FRANK: Okay. Worauf ich hinaus will: Du hast nur ein gewisses Maß an Energie zur Verfügung, hier symbolisiert durch das Wasser. Und es liegt in deiner Verantwortung, diese Energie zu verteilen. Du kannst 150 Prozent in den Job geben und das Wasser da komplett reinkippen. Aber du zahlst den Preis. Das Wasser, das du in den Job gibst, musst du von irgendwo hernehmen – von deinen Kindern, deinem Mann, von dir selbst.
Und ich glaube, wenn du dir das ansiehst, könnte es sein, dass du sagst: „Ich hab die Wahl, in den Job mehr rein zu geben. Aber will ich das wirklich?“
NINA: Nein, das will ich nicht. Das weiß ich.
FRANK: Es ist deine Verantwortung, zu entscheiden, welchem Thema du wie viel Aufmerksamkeit schenkst. Und es ist auch deine Verantwortung, das anzunehmen und damit zufrieden zu sein. Oder auch eben nicht. Du kannst genauso sagen: Ich habe mich für dieses Dilemma entschieden und egal wo ich hingucke, jedes dieser Gläser ist nur halb voll und das ist immer Mist. Du kannst aber auch sagen: Wunderbar! Ich schaffe es, hier neun höchst unterschiedliche Anforderungen zu jonglieren. Ich bin überall präsent. Nicht zu 150 Prozent, aber, verdammt noch mal, gut genug. Ich kümmere mich um meine Kinder, meine Partnerschaft, meine Eltern, meine Freunde – und im Job bin ich auch noch präsent – und das nicht zu knapp. Und darauf bin ich stolz.
Ich würde dir gerne eine Hausaufgabe mitgeben. Schreibe jeden Tag drei Dinge auf, die dir gut gelungen sind. Das würde ich dir wirklich empfehlen. Dabei machst du dir bewusst, was dir Gutes wiederfahren ist oder was du gut gemacht hast. Das hilft manchmal, um den Fokus von dem, was nicht so toll läuft, auf all das zu lenken, was dir gut gelingt. Dann schauen wir bei einem zweiten Termin, wie das für dich gelaufen ist.
NINA: Das ist eine gute Idee. Werde ich gerne versuchen. Ich freue mich schon auf unser nächstes Gespräch.
NINA, LIEBEN DANK, DASS WIR DEIN GESPRÄCH MIT FRANK VERÖFFENTLICHEN DÜRFEN.
COACHING // NINAS FAZIT
Das Coaching mit Frank hat mir bewusst gemacht, dass die Energie, die ich zur Verfügung habe, nicht unendlich ist. Es klappt auf Dauer einfach nicht, in allen Bereichen 150 Prozent geben zu wollen. Es liegt deshalb bei mir, meine Energie zu verteilen. Ich alleine bestimme, wie viel Kraft ich in welchen Bereich meines Lebens investiere.
Und ich alleine kann mit dem Ergebnis zufrieden oder permanent unzufrieden sein. Auch das ist meine Entscheidung. Ich möchte versuchen, in Zukunft weniger mit meinem Leben als arbeitende Mutter zu hadern. Und mich mehr auf das fokussieren, was mir gut gelingt.
Total verrückt ist, dass ich bei der Beurteilung der Situation mit meinen Kollegen nie darauf gekommen wäre, dass die mich unter Umständen gar nicht so sehen, wie ich mich oft fühle. Das mein Bild der Halbtagsmutti gar nicht deren Bild entspricht.
Fakt ist: Meine Familie ist das Wichtigste für mich und macht mich glücklich.Der Job gehört für mich aber genauso zu einem zufriedenen Leben dazu. Ich werde meine Energie deshalb weiter verteilen und versuchen, das Ergebnis etwas wohlwollender zu beurteilen.
FRANK FÄßLER
TELEFON +49 151 6772 72 55 // MAIL ffaessler@web.de
WEITERE INFORMATIONEN // INFOFLYER-FRANK-FÄßLER-COACHING
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verwendetes Material Foto Mann in Titelbild: LarsZahner / Quelle PHOTOCASE